Entsesselt euch!
Ich mache mir Sorgen. Große Sorgen. So groß, dass – wenn ich nachts aufwache – meine Gedanken ständig darum kreisen. Es sind existenzielle Sorgen. Sorgen, dass unser Planet aus dem Gleichgewicht gerät. Durch den Klimawandel, durch Umweltzerstörung und Artensterben, durch die Plastikflut. Vor unseren Augen. Jetzt. Verursacht durch uns. Denjenigen, die das unschätzbare Privileg haben, auf diesem wundervollen, einzigartigen Planeten zu leben.
Warum kämpfen wir nicht mit aller Kraft für den Erhalt unserer Lebensgrundlage?
Nur noch 100 Jahre?
Ich spüre die Sorgen physisch. Etwas liegt auf meiner Brust und drückt auf mein Herz. Ich habe Kinder. Kinder, die ich unendlich liebe und für die ich verantwortlich bin. Verantwortlich dafür, dass sie ein gutes Leben haben auf diesem Planeten. Stephen Hawking hat der Menschheit noch 100 Jahre gegeben. 100 Jahre. Das würde bedeuten, dass die Kinder meiner Kinder – meine Enkel – das Ende miterleben würden. Das ist so groß, so unwirklich. Wenn man es als realistisches Szenario sieht, müsste man jetzt sofort innehalten und eine Vollbremsung machen. In allem.
Und was machen wir? Weiter. Mit Vollgas. Sehenden Auges. Gegen die Wand. Es scheint, als hätten wir Bremse und Gaspedal verwechselt.
Ich spüre, dass ich etwas tun muss. Raus aus dem Sessel, sofort. Aufstehen, den Blick ausrichten, handeln. Entsesselt.1
Konsens in der Wissenschaft: Die Zeit läuft ab!
Eine überwältigende Mehrheit der Klimaforschenden ist sich einig und toppt sich gegenseitig in Warnungen und Appellen (siehe z. B. den aktuellen Sonderbericht des IPCC) – Appelle, die meist schnell verhallen oder gar als Fake News abgetan werden. Als ob man das Problem lösen könne, indem man es leugnet. Es wäre ja auch zu schön zu glauben, dass das alles nicht wahr ist.
Dabei werden die prognostizierten Temperaturkurven bis Ende dieses Jahrhunderts immer beängstigender. Wir steuern auf 3-4 Grad Erwärmung zu, was unkontrollierbare Kettenreaktionen auslösen und große Gebiete auf der Erde unbewohnbar machen könnte. Wollen wir dieses Risiko wirklich eingehen? Ist uns unser Konsum wirklich wichtiger als die Zukunft unserer Kinder und Enkel?
Jede/r kann etwas tun!
In diesem Blog werde ich versuchen, meine Gedanken zu ordnen, mir meine Ängste von der Seele zu schreiben – aber auch Hoffnung zu schöpfen und Ideen zu generieren. Um andere zu ermutigen, sich ebenfalls zu entsesseln und für unsere Kinder und alles andere Wunderbare auf diesem Planeten zu kämpfen.
Dieser Blog soll sich nicht in apokalyptischen Voraussagungen verstricken. Stephen Hawking war ein sehr kluger Mann. Aber das heißt nicht, dass seine Vorhersage unausweichlich eintreten muss. Wir können etwas tun, aber wir müssen jetzt handeln, und mit aller Entschlossenheit. Jeder Tag auf dem Gaspedal lässt den Abstand zur Wand schneller schmelzen.
Dieser Blog soll Hoffnung geben und Mut machen. Dafür, dass jede und jeder Einzelne etwas tun kann. Dass es möglich ist, seinen Lebensstil zu ändern, ohne dass man anschließend das Gefühl hat, etwas zu vermissen. Im Gegenteil: Dass es unglaublich bereichernd ist, nachhaltig zu leben. Kein schlechtes Gewissen haben zu müssen, dass der eigene Lebensstil auf Kosten anderer geht. Dass man sich dafür nicht radikalisieren muss. Sondern dass es heute vielfältige Möglichkeiten für uns alle gibt, alternativ zu leben. Und alternativ meint hier nicht ideologisch linksalternativ, sondern einfach: bewusster, mit den Folgen unseres Tuns im Blick.
Ich stehe selbst noch ziemlich am Anfang dieser Reise, erwische mich immer wieder, wie ich in alte Gewohnheiten zurückfalle. Ich möchte niemanden belehren, sondern mein eigenes Lernen dokumentieren und zum Mitmachen animieren.
Bewahren durch Verändern
Dieser Blog ist nicht links und nicht rechts. Er richtet sich an den Menschen an sich. An unseren Verstand. An unseren Lebenserhaltungstrieb. Er soll Awareness schaffen für den Ernst und die Dringlichkeit der Lage, Awareness für alle, die den Dürresommer und -herbst „herrlich“ fanden und ihn sich in 2019 zurückwünschen. Für alle, die bedenken- und grenzenlos konsumieren, ohne die Folgen für Klima und Umwelt im Blick zu haben.
Es geht um nichts weniger, als dass wir unser aller Lebensgrundlage bewahren. Da aber in unserer heutigen Welt so viele Dinge so furchtbar in die falsche Richtung laufen, können wir nur bewahren, indem wir verändern. Und zwar grundsätzlich. Es ist ein Irrglaube, dass man heutzutage durch Festhalten an Gewohntem irgendetwas Gutes bewahren könne. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen handeln – handeln gegen Klimawandel und Umweltzerstörung, für den Erhalt unserer Lebensgrundlage.
Also raus aus der Kuschelzone, steht auf, befreit euch aus eurer Lethargie. Entsesselt euch. Jetzt.
1. Der doppeldeutige Slogan „Entsesselt die Ärsche!“ wurde 1989 von den Bürgerinnen und Bürgern der DDR geprägt. Er rief dazu auf, sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen und die damalige SED-Führung „aus ihren Sesseln zu heben“. In diesem Blog meint „entsesseln“ vor allem, den eigenen Hintern hochzukriegen und endlich zu handeln – gegen Klimawandel, Artensterben, Plastikflut und Populismus – für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und freies Denken.
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2 Kommentare
Birgit
Lieber Holger,
ihr habt hier was tolles angefangen.
Dein Text ist nicht nur unglaublich gut schrieben, sondern durch die gut ausgesuchten und toll eingebunden Links auch sehr infomativ.
Ich freue mich auf mehr.
LG Birgit
Holger Hinrichs
Liebe Birgit,
vielen Dank für das Lob, das freut uns sehr! 🙂
Auf bald, Holger